Die DTM-Saison 2023 ist kaum an Abwechslung und Spannung zu überbieten. Schon bevor der erste Meter auf dem 3,645 Kilometer langen Rundkurs gefahren worden ist, sorgt das Boxengassengeflüster für Spiele am Rechenschieber. Die Rede ist natürlich von der Anpassung der Balance of Performance (BoP).
So fuhren am vergangenen Wochenende alle Porsche 911 GT3 R (992), die wie die BMW M4 GT3 mit KW V6 Racing Dämpfern homologiert sind, wieder mit einem 39,5 Millimeter großen Restriktor.
In den vorherigen Rennen hatte man bei der BoP-Einstufung die Porsche nur mit einem 38 Millimeter Restriktor auf die Strecke gelassen. Aufgrund des größeren Restriktors kamen aber in alle Porsche noch zehn Kilogramm Ballast an Bord.
BoP-Änderungen gab es im Vorfeld auch bei allen anderen Rennwagen. So erhielten sämtliche Lamborghini Huracan GT3 Evo2 und Mercedes-AMG GT3 ebenfalls zehn Kilogramm an Ballast-Handicap ins Auto.
Bei den BMW M4 GT3 hingegen kamen sogar fünf Kilogramm wieder aus den Boliden und der Ladedruck wurde um 0,01 Bar erhöht. Dagegen erhielten die Audi R8 LMS GT3 Evo2 und Ferrari 296 GT3 jeweils fünf Kilogramm an Extragewicht ins Auto.
Das besondere am Sachsenring ist, dass die “Old-School-Strecke” mit Steigungen von bis zu zehn Prozent und einem Gefälle von 12,8 Prozent im Grunde ein anspruchsvoller Motorradrennkurs mit vielen schnellen Passagen und engen Kurven ist.
Aus diesem Grund testet auf dem Sachsenring beispielsweise AutoBild Sportscars immer die Testwagen der Automobil- und Tuningindustrie. Hinzu kommt, dass auf der “Nordschleife Sachsens” nicht im, sondern gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird.
Beim Qualifying konnte die Porsche-Rennfahrer Ayhancan Güven (#24) von Timo Bernhards Rennstall Team 75 Motorsport die neue BoP-Einstufung am besten verwerten. Er positionierte seinen 911 GT3 R an die Spitze auf dem zweiten Platz. Hinter ihm platzierten sich Thomas Preining (#91) von Manthey EMA im Porsche 911 GT3 R auf die Drei und der Lamborghini Huracan GT3 Evo2 vom DTM-Führenden Mirko Bortolli (#92) auf die Vier. Von der Pole ging Luca Stolz (#4) im Mercedes-AMG GT3 ins Rennen.
Schnellster BMW war der M4 GT3 vom amtierenden DTM-Titelverteidiger Sheldon van der Linde (#1) von Schubert Motorsport, der sich für den siebten Startplatz qualifizierte. Die weiteren KW Motorsportkunden gingen von der Neun (Dennis Olsen #90 Manthey EMA Porsche 911 GT3 R), 15 (Laurin Heinrich #75 Team 75 Motorsport Porsche 911 GT3 R), 18 (Rene Rast #33 Schubert Motorsport BMW M4 GT3), 19 (Tim Heinemann #9 Toksport WRT From Sim to DTM Porsche 911 GT3 R), 21 (Marvin Dienst #99 Toksport WRT Porsche 911 GT3 R), 25 (Marco Wittmann #11 Project 1 BMW M4 GT3) und 26 (Sandro Holzem #56 Project 1 BMW M4 GT3) ins Rennen.
Gleich nach dem Start setzte der Mercedes-Pilot Luca Stolz vom Mercedes-AMG Team HRT auf volle Attacke und konnte sich trotz seines fünf Kilogramm-Erfolgsballasts vom Lausitzring sowie den BoP-Anpassungen von zehn Kilogramm an die Spitze setzen.
Der Mercedes fuhr dem Verfolgerfeld davon und nach knapp zehn Rennminuten musste aufgrund des “Kontaktsports DTM” das Safety Car auf die Strecke. Kaum war das Boxenfenster nach 20 Rennminuten offen, fuhren die Führenden wie Luca Stolz, Thomas Preining, Ayhancan Güven und Co. zum Pflichtstopp.
Durch den frühen Stopp konnte Thomas Preining (#91) im Manthey-EMA-Porsche einen Platz gewinnen und “stoppte sich” so am Team-75-Motorsport-911 von Ayhancan Güven (#24) vorbei, der erst eine Runde später zum Reifenwechsel von der Strecke fuhr.
Im Rennen fuhr übrigens der Team-75-Motorsport-Pilot Ayhancan Güven (#24) mit seinem Porsche 911 GT3 R mit einer 1:19.284 Minuten sogar die schnellste Rennrunde.
Das Samstagsrennen gewann souverän Luca Stolz mit einem Vorsprung von 2,6888 Sekunden auf Thomas Preining im Porsche 911 GT3 R mit der Startnummer 91. Dritter wurde Ayhancan Güven (#24) ebenfalls auf Porsche 911 GT3 R.
Wie im Qualifying war auch im Rennen der beste BMW der M4 GT3 von Sheldon van der Linden (#1). Mit einem hauchdünnen Vorsprung von wenigen Hundertstel fuhr er auf dem sechsten Platz vor dem Porsche 911 GT3 R von Dennis Olsen (#90 Manthey EMA) über die Ziellinie.
Achter wurde Rene Rast (#33) im zweiten Schubert Motorsport BMW M4 GT3. Die weiteren BMW- und Porsche-Motorsportkundenteams in der oftmals auch als “Formel 1 mit Dach” bezeichnenden Meisterschaft kamen am Samstag auf den Positionen Zwölf (#75 Laurin Heinrich Team 75 Motorsport Porsche 911 GT3 R), 15 (#99 Marvin Dienst Toksport WRT Porsche 911 GT3 R), 16 (#9 Tim Heinemann From Sim to DTM Toksport WRT Porsche 911 GT3 R) ins Ziel.
Mit den Plätzen 18 (#11 Marco Wittmann) und 20 (#56 Sandro Holzem) mussten sich die beiden BMW M4 GT3 von Project 1 zufriedengeben.
Genausowenig wie Basketball ein kontaktloser Sport ist, geht es bei der DTM hart aber fair zur Sache. Keiner der 27 gestartenden Fahrer fährt mit Samthandschuhen. War der Rennsamstag schon turbulent, kam es am Sonntag sogar zur roten Flagge und unterbrach das Rennen für 20 Minuten. Aber der Reihe nach, denn vor dem Rennen ist erst einmal Qualifying und Zeit für Balance of Performance.
Beim Qualifying am Sonntag wurde das Blatt für das Championat der DTM vollkommen neu gemischt. Die Startaufstellung war eine völlig andere als am Sonntag. Der einzige Lichtblick aus Sicht der Porsche-Fans war Ayhancan Güven (#24), der seinen Porsche 911 GT3 R als einziger in den Top-10 platzieren konnte.
Thomas Preining, der noch am Sonntagmorgen wieder der Führende in der Fahrermeisterschaft war, ging, obwohl er nur einen Rückstand von 0,806 Sekunden auf den Pole Setter Mirko Bortolotti (#92 SSR Performance Lamborghini Huracan GT3 EVO2) hatte, von der elf ins Rennen.
Ein Drama auch bei BMW. Die beiden Schubert-Motorsport-Fahrer Rene Rast (#33) und Sheldon van der Linde (#1) mussten auch aus dem Mittelfeld von den Plätzen 15 (#33) und 16 (#1) starten. Direkt hinter ihnen gingen die Toksport WRT Rennfahrer Marvin Dienst (#99) von Position 17 und Tim Heinemann (#9) auf Platz 18 ins Rennen.
Laurin Heinrich (#75) im Team 75 Bernhard Porsche 911 GT3 qualifizierte sich für Startplatz 22, während Marco Wittmann (#11) im Project 1 BMW M4 GT3 als 23. Dennis Olsen (#90) im zweiten Manthey-EMA-Porsche ging von der 23 in den Rennsonnstag und Sandro Holzem (#56) von Project 1 musste als Vorletzter starten.
Durch das Qualifying am Sonntag wurde vor dem Rennstart noch einmal das BoP angepasst. So lud man in den SSR-Lamborghini von Mikro Bortoletti zehn Kilogramm an BoP-Handicap ein; wodurch der Hurracan mit 1.340 Kilogramm das schwerste Auto im gesamten DTM-Starterfeld wurde.
Dagegen erhielten die BMW M4 GT3 eine BoP-Diät. Es wurden fünf Kilogramm ausgeladen und der Ladedruck um 0,06 bar erhöht. Bei den restlichen Fahrzeugen blieb es beim Alten. Nur die individuellen Balance-of-Performance-Erfolgsanpassungen durch die Samstags- und Sonntagsqualifingsplatzierungen wurden umgesetzt.
Das Sonntagsrennen lief noch keine zwei Minuten, da verunfallten bereits mehrere Fahrzeuge und die rote Flagge wurde gehisst: Rennabbruch. Ein Wochenende zum Vergessen war es für Maro Engel der an beiden Renntagen ins Kiesbett geschoben wurde und aufgeben musste. Bei dieser “Rangelei” zwischen Kelvin van der Linde und Maro Engel konnte auch Ayhancan Güven (#24) vom Team 75 Bernhard mit seinem Porsche 911 GT3 R nicht ausweichen und verlor kostbare Sekunden im Kiesbett.
Aber für den Rennabbruch sorgte die Karombolage von Jusuf Owega (#84) und Lucas Auer (#22) wodurch Sheldon van der Linde (#1) in seinem BMW M4 GT3 nur noch Passagier war und quer zur Rennstrecke stand. In ihn krachten die drei Porsche 911 GT3 R von Dennis Olsen (#90 Manthey EMA), Marvin Dienst (#99 Toksport WRT) und Laurin Heinrich (#75 Team Bernhard) die dadurch alle vier aufgeben mussten!
Hinter dem Safety-Car – einem Cupra Formentor VZ5 mit KW Gewindefahrwerk – startete nach einer Unterbrechung von mehr als 20 Minuten das verbliebene Starterfeld. Aber auch der Restart hatte leider auf dem Sachsenring seine Tücken. So buggsierte Tim Heinemann (#9) unabsichtlich im From Sim to DTM Toksport WRT Porsche 911 GT3 R Lucas Auer ins Kiesbett. Die Rennleitung ahndete Tims Manöver mit drei Penalty-Lap-Strafen.
Aber auch Lucas Auer durfte noch drei Strafrunden auf dem Sachsenring fahren, denn er schob Lucas Engstler im späteren Rennverlauf von der Strecke. Erst nach diesen ganzen Kontakten wurde im Grunde das Boxenstoppfenster geöffnet.
Ein Großteil des verbliebenen Starterfelds fuhr wie am Rennsamstag so früh wie möglich zum Reifenwechsel in die Pitlane. Aber selbst nach den Boxenstopps ging es weiter rabiat zur Sache. So kam es in Runde 17 zwischen dem Abt-Audi von Ricardo Feller (#7) und dem Emil-Frey-Ferrari von Jack Aitken (#14) bei einer Überholattacke zur ungewollten Berührung. Das Ergebnis war, dass der Ferrari mit Reifenschaden an der Hinterachse in die Box “humpelte” und den Motor abstellte.
Auch der Team 75 Motorsport Porsche 911 GT3 R von Ayhancan Güven (#24) hielt nicht bis zum Ende durch. Bereits in Runde 16 musste er in der Box abgestellt werden; anscheinend gab es durch den ungewollten Kiesbettausflug in den ersten Rennminuten Defekte.
Vorne an der Spitze verwaltete der SSR-Performance-Lamborghini (#92) souverän die Führung und konnte das Top-5-Verfolgerfeld auf Abstand halten. Nach 46 Runden fuhr der Lambo als Erster ins Ziel. Zweiter wurde Luca Stolz (#4, Mercedes-AMG Team HRT).
Durch Ricardo Fellers (#7) Fünf-Sekunden-Strafe durch sein früheres rabiates Überholen von Jack Aitken (#14) verlor er nach dem Rennen seinen dritten Platz und wurde Siebter. Dafür rückten Franck Perera (#94, SSR Performance) auf die Drei, Thomas Preining (#91, Manthey EMA) auf die Vier und Thierry Vermeulen (#69, Emil Frey Racing) auf die Fünf vor.
Als Achter kam Rene Rast mit seinem BMW M4 GT3 (#33, Schubert Motorsport) ins Ziel, auf der Zwölf sicherte sich Marco Wittmann (#11) im Project-1-M4-GT3 noch Punkte; genau wie unser KW Kollege Tim Heinemann.
Trotz seiner drei Penalty-Lap-Strafen kam Tim im From Sim to DTM Toksport WRT Porsche 911 GT3 R (#9) mit seinem 14. Platz in die Punkte: „Insgesamt konnten wir unsere Erwartungen leider nicht erfüllen, dennoch können wir viel Positives aus dem Wochenende mitnehmen. Unsere Pace im zweiten Rennen war sehr gut und wir konnten die zweitschnellste Runde im Rennen fahren.”
“Am Ende war Platz 14 und zwei Punkte dieses Wochenende das Maximum, die gute Pace am Sonntag stimmt mich aber bereits positiv für das nächste Rennen in zwei Wochen auf dem Red Bull Ring.“
Mit dem 16. Platz musste sich Sandro Holzem (#56) im BMW M4 GT3 von Project 1 zufrieden geben. Die weiteren BMW- und Porsche-Rennwagen mit KW V6 Racing Dämpfern konnten durch Unfallschäden das Rennen nicht beenden.
In der Gesamtwertung der DTM-Fahrerwertung liegt Thomas Preining (#91, Manthey EMA, Porsche 911 GT3 R) mit 164 Punkten auf dem zweiten Platz.
Sheldon van der Linde (#1, Schubert Motorsport, BMW M4 GT3) ist mit 113 Zählern Vierter. Dennis Olsen (#90, Manthey EMA, Porsche 911 GT3 R) ist Siebter mit 87 Punkten. Rene Rast (#33, Schubert Motorsport, BMW M4 GT3) ist 83 Meisterschaftspunkten Neunter in der Tabelle. Marco Wittmann (#11, Project 1, BMW M4 GT3) hat als Zwölfter insgesamt 63 Punkte. Laurin Heinrich (#75, Team 75 Motorsport, Porsche 911 GT3 R) ist mit 55 Punkten 14. in der Wertung.
Der aus dem SimRacing in den Motorsport gewechselte DTM-Rookie Tim Heinemann (#9, Toksport WRT, Porsche 911 GT3 R) hat mit 50 Punkten den 15. Platz und im Grunde mit seinen beiden Podestplätzen zum Saisonauftakt alle überrascht. Ebenfalls 50 Zähler hat auch Ayhancan Güven (#24, Team 75 Motorsport, Porsche 911 GT3 R).
Fotos Gruppe C Photography, ADAC Motorsport