Porsche Rat-Pack: Luftgekühlt gegen „Elektro-935“ 0:1?

Luftgekühlt vs Elektropower

Ein Gewerbegebiet am Stadtrand von Ontario im Großraum Los Angeles ist die Adresse von „Turbo-Gott“ Bisi Ezeriohas Firma Bisimoto Engineering. Dort hatten wir eine Begegnung der ganz speziellen Art. Wir trafen zwei Porsche. Zwei ganz besondere Porsche. Zwei Porsche 935.

Der silbergraue 935 mit seinen grell-pinken Decals und Brixton Felgen ist ein ganz außergewöhnliches Projekt von Bisi selbst ist, beim zweiten Porsche kümmerte er sich dagegen um den technischen Support.

Während es sich bei der linken „Porsche 935 Replika“ um einen Scheunenfund handelt, der im Grunde auf einen Umbau aus den frühen Neunzigerjahren basiert, ist Bisis Porsche überhaupt kein Porsche mehr. Statt luftgekühltem Boxersound summen in Bisis „Elektro-935“ nur die Lüfter und Kühler zur Batteriekühlung.

Eine alte Weisheit ist, Kunst könne fast alles sein und der Porsche 935 mit seiner auffälligen Pop-Art-Lackierung ist ein echtes Kunstwerk. Ein Kunstwerk, das zwei Welten hat und über Umwege aus Schweden nach Kalifornien kam.

Im Grunde ist bereits ein alter luftgekühlter Porsche 911 ein Kunstwerk und die legendären Porsche 935 sind ein Motorsport-Weltkulturerbe. Selbst der jahrzehntealte Ruhm vergangener Tage ist bei Porsche-Enthusiasten nicht verblasst. Sogar Porsche Motorsport entschloss sich 2018 dazu, eine Kleinserie von 77 Exemplaren als an den legendären Porsche 935 auf Basis des Porsche 911 Turbo (930) aufzulegen.

Auch Rod Chong, Besitzer des aus Schweden stammenden Porsche, ist schon seit Jahrzehnten dem 935 verfallen. „Als Kind sah ich sie noch live an der Strecke und im TV“, erinnert er sich. Die Turbo-Rennwagen dominierten Ende der Siebzigerjahre den Tourenwagensport. Beispielsweise gewann Porsche mit den 935-Rennwagen vier Jahre in Folge die Markenweltmeisterschaft.

Seinem eigenen Porsche 935 ist Rod beim Besuch des Gatebil Festival im norwegisch-schwedischen Grenzgebiet begegnet. Im Paddock stand ein alter Turbo mit Kremer „935-Aerodynamik“ und Rod kam mit dem schwedischen Besitzer ins Gespräch. Wie sich rausstellte, wollte der Skandinavier sich von dem alten Porsche trennen. Der 935 hatte zuvor über 20 Jahre in einer Scheune gestanden. Rod kaufte ihn kurzerhand.

„Bis 2014 war ich beruflich in Schweden tätig und zog dann nach Großbritannien. Von dort ging es in die USA.“ Immer im Gepäck der Porsche, der in dieser Zeit weder gefahren noch restauriert werden konnte. In Los Angeles ist Rod, der einer der Gründer von Speedhunters.com ist, bei der automotiven Social-Media-Engagement-Agentur Race Service tätig – digitales Engagement, die Bitcoins der Brand Awareness …

Dort entstand aus dem „Euro-Import“ der sogenannte Porsche 935x und in seiner ersten Ausbaustufe auf dem „Porsche Luftgekühlt Event“ der US-amerikanischen Porsche-Community präsentiert.

Danach ging es mit dem 935x zu Bisimoto Engineering, um der Technik auf die Sprünge zu helfen. Schließlich stand die SEMA Show 2019 vor der Tür und der alte Porsche war einfach alt. „Es ist kein Restomod mit Servo oder Klima, sondern im Grunde sind nur die 17 und 19 Zoll Rotiform-Felgen, Reifen, KW Clubsport Fahrwerk und die Turbolader modern sowie die Lackierung neu“, untertreibt Rod.

Dabei ist im Grunde schon der Flügel eine Neuanfertigung mit Carbontragflächen von APR. Klar, die Anordnung der Turbolader bei dem luftgekühlten 3,3 Liter Sechszylinderboxermotors hat nichts mit der damaligen Serie gemein. Während die von 1979 bis 1989 angebotene Turbo-Variante des Porsche 911 Turbo (930) einen Turbolader hatte und 300 PS leistete. Rüstete Bisi zwei Turbonetics 57 mm Turbos samt Turbosmart Wastegates nach.

Seit Jahren ist Bisi ein Fan davon, die Turbolader bei Porsche-Modellen direkt ans Heck zu verpflanzen. Klar sorgt das immer wieder für Diskussionen und die eine wie die andere Variante haben ihre Vor- und Nachteile. Aber über all die Jahre hat Bisi an verschiedenen Porsche-Modellen gute Erfahrungen mit seinen Turboprojekten gemacht.

Auch die gesamte Benzineinspritzung wurde modernisiert und der Motor komplett revidiert. „Bei lediglich 1,0 bar Ladedruck kommen 473 PS an den Hinterrädern an“, verrät uns Bisi beim Fotoshooting. „Bei ganz normalen 91 oktanhaltigen kalifornischen Sprit.“ Der Ladeluftkühler ist eine Sonderanfertigung von Sparco USA.

Eigenbau ist auch die gesamte Auspuffanlage. Ansaugkrümmer sowie die überarbeitete Motorsteuerung und Einspritzung wird mit AEM Equipment geregelt. Aber nicht nur die handbemalte und lackierte Karosserie erzählt eine eigene Geschichte, sondern die Farbe und das gesamte Artwork verbindet Welten.

SEMA 2019 Teaser

Der 935x schlägt sozusagen die Brücke zur Augmented Reality. Wird mit einem Tablet der 935x betrachtet, kann den Porsche in einer virtuellen und an den Disney-Film TRON erinnernden Umgebung mit dem Synthesizer-Sound der späten Siebzigerjahre und frühen Achtzigerjahre als Arcade-Racer auf dem Display erleben.

Während der 935x in gewisser Weise die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet, ist der zweite „Flatnose“-Porsche von Bisimoto Engineering die Zukunft der Gegenwart.

Bei dem „nur“ 1216 Kilogramm wiegenden Porsche handelt es sich um ein Elektrofahrzeug. „Mit meinem 935 K3V wollte ich zeigen, dass Elektromobilität einfach Spaß macht und dieses Antriebskonzept in Ballungsräumen sehr viel Potenzial hat“, schmunzelt Bisi Ezerioha in seiner sympathischen Art.

Leichtbau und Elektromobilität seien laut dem Vollbluttuner auch kein großes Hexenwerk. Durch den gesamten Ausbau des Motors, Getriebes und Nebenaggregate konnte Gewicht gespart werden. Trotz der Akkus und dem zusätzlich mit Wasser gekühlten Induktionselektromotor wiegt der 935 KV3, der auf einen 1986er 911 SC basiert, weniger als ein aktueller Porsche 911 GT2 RS.

Die Maximaldrehzahl des Elektromotors liegt übrigens bei 18.000 Touren und schon bei einer Umdrehung mobilisiert das wassergekühlte 403-Volt-Aggregat 636 PS. Zwei weitere Elektromotoren fungieren als Bremse sowie Rekuperation und zusätzlich gibt es noch eine Stoptech-Bremsanlage.

„Wir haben eine Reichweite von 260 Meilen und dadurch, dass wir die LG-Batterien auch unter der Motorhaube vorne und im Heck haben, erreichen wir fast die ideale Gewichtsverteilung von 50:50.“

Jeden Dienstag streamt übrigens Bisi auf seinem Instagram-Account (www.instagram.com/bisimoto) live und steht dabei seinen über 250.000 Instagram-Followern zu technischen Fragen Rede und Antwort. Die Streams erscheinen anschließend auch auf seinem YouTube-Kanal.

Natürlich zog in Bisis Porsche ein komplett neuer Kabelbaum samt moderner Elektronik und Drive-by-Wire-System. Das Getriebe hat nur einen Gang mit einer Übersetzung von 9.73:1 (vorwärts/rückwärts). Durch den E-Motor hat der Wagen sogar eine Art Traktionskontrolle …

Bei den beiden Schalensitzen im Elektro-Porsche handelt es sich um Momo-Schalensitze und der Käfig ist eine eingeschweißte Bisimoto-Sicherheitszelle.

KW Clubsport in beiden 935

KW Clubsport 2-Way Fahrwerk für Porsche 911 G-Modell

Beide Porsche 911 (G-Modell) sind mit unserem KW Klassik Clubsport Gewindefahrwerk ausgerüstet. Zusätzlich wurde über unsere Sonderbauabteilung die Vorderachse mit unserem hydraulischen Lift-Kit (KW HLS) erweitert.

Bei unserem KW Clubsport Gewindefahrwerk für klassische Porsche-Modelle nutzen wir an der Hinterachse Federbeine aus einer speziellen Aluminiumlegierung. An der Vorderachse dagegen sind die Federbeine galvanisch gelb verzinkt und als Einrohrdämpfer aufgebaut.

Für Porsche-Klassikenthusiasten, die weiterhin die Drehstabfedern ihres klassischen Porsche 911 (F- und G-Modell) weiter nutzen möchten, haben wir selbstverständlich auch einen Dämpfersatz entwickelt. Auch hier müssen keine Dämpferpatronen gewechselt werden, sondern wir liefern eine einbaufertige Komplettlösung inklusive geschmiedeter Achsschenkel.

An Rods Porsche sind Rotiform-Felgen montiert. „Das Felgendesign erinnert an die Driftfelgen von Mad Mike Whiddetts Drift-Boliden„, so Rod. „Beim 935x spiele ich ja mit ganz vielen Styling-, Tuning- und Motorsport-Einflüssen.“

Die Felgen von Bisis Porsche stammen dagegen von Brixton und haben dieselbe Dimension wie Rods Rotiform-Räder: 10 x 17 Zoll und 12,5 x 19 Zoll. Die Toyo Proxes Semis messen 275/40-17 und 345/30-19. Die Turbo-Fans sind selbstverständlich abnehmbar und wurden übrigens mit im 3-D-Drucker gefertigt.

Das Aerodynamikpaket ist übrigens ein Nachbau eines 935 K3 Motorsport-Kits von Kremer Racing aus Köln.

Die spannendste Frage ist aber, wie fährt sich so ein elektrifizierter Porsche? Einfach rattenscharf. Das Ding ist schnell. Unglaublich schnell und beim Fahren klingt es im Innenraum fast wie ein Jet … Kaum zu glauben, auch ohne den luftgekühlten Porsche-Boxersound hat dieser Wagen seinen ganz gewissen Reiz.

In den USA stürzt sich übrigens die Aftermarket-Industrie auf das Thema Elektromobilität und es werden sogar immer mehr Nachrüstkits angeboten, um selbst sogar Oldtimer und Youngtimer zum E-Auto umzurüsten …

Fotos KW, Videos Hoonigan, Donut Media, RaceService

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