Jugendliebe reloaded: Eine Begegnung mit dem RUF CTR 2017 auf dem KW Fahrdynamikprüfstand

Okay, wir haben uns mit dieser Geschichte ein wenig Zeit gelassen, nach meinem Geschmack viel zu lange Zeit gelassen, aber jetzt ist es endlich so weit: Der RUF war da! Und das war schon kurz vor Weihnachten 2017.

Wir hatten Besuch vom “Ober-Speedhunter” Paddy McGrath aus Irland und zeigten ihm, was eigentlich im Vergleich zu anderen Gewindefahrwerken so besonders an unseren KW Gewindefahrwerken ist. Dabei hatten wir auch noch eine kleine Überraschung für Paddy: den RUF CTR!

Sollte jemand unter Euch beim RUF CTR nur mit den Schultern zucken, dann klickt einfach auf das YouTube-Video. Spätestens jetzt wisst ihr, warum vor allem die “älteren Tuning- und Sportwagen-Semester” immer sofort aus dem Häuschen sind. Vor über 30 Jahren “schockte” RUF, der bereits seit 1981 im Kraftfahrbundesamt als Automobilhersteller geführt wird, mit seinem auf Basis eines Porsche 911 Carrera 3.2 aufgebauten RUF CTR (Gruppe C Turbo RUF)  die Sportwagenwelt.

Der auch als “Yellowbird” bekannte Supersportwagen war damals mit seinen 339 km/h das schnellste Serienauto der Welt und unsterblich wurde der RUF CTR, als Stefan Roser mit ihm 1987 über die Nordschleife mehr driftete, als fuhr. Weil es so schön ist, haben wir Euch gleich noch ein zweites Video von dem unglaublichen Ritt über die Nordschleife in unseren Blog gepackt.

Auf dem Auto Salon Genf 2017 kündigte RUF den neuen CTR als geistigen Nachfolger des legendären Yellowbird an. Der “Neue” basiert dabei nicht auf einem Porsche Modell, sondern der ab 2018 angebotene CTR ist eines der ersten Automobile das RUF von Grund auf entwickelt hat.

Klar, auf den ersten Blick gleicht der Wagen natürlich einem 911; aber unter dem gelben Lackkleid gleicht der RUF CTR keinem einzigen Porsche-Modell, das Porsche jemals für die Straße gebaut hat. Der RUF ist einer der ersten Wagen der auf ein Kohlefaser-Monocoque mit Heckmotor basiert.

Aber es gibt noch mehr Unterschiede. Beispielsweise einen komplett anderen Aufbau als bei den Porsche 911 Serienmodellen ist die von RUF gewählte Konstruktion der Radaufhängung.  Der CTR verfügt an beiden Achsen über eine Doppelquerlenkeraufhängung in Pushrod-Ausführung. Auch dies haben die Ingenieure von RUF entwickelt, während unsere Kollegen von der KW Dämpferentwicklung für den CTR die Dämpfer entwickelten. Dabei handelt es sich um ein KW Clubsport Gewindefahrwerk mit Dreiwege-Hochleistungsdämpfern aus Aluminium. Für die Vorderachse haben wir das Fahrwerk noch mit unserem hydraulischen Liftsystem (KW HLS) erweitert.

Natürlich war der RUF CTR nicht extra aus dem Allgäu nach Fichtenberg gekommen, um Paddy als Fotomodell zu dienen. Nein, unser KW Fahrdynamikprüfstand ist bei uns im Dauereinsatz. Der moderne Veritkalfahrdynamikprüfstand ist in unserem Testzentrum eines der wichtigsten Analysetools für die Fahrwerkentwicklung. Wir nutzen ihn unter anderem auch für grundlegende Abstimmungen von Federn, Dämpfern und Zusatzelementen. Auch können Motorsportteams, Automobilhersteller und Veredler unser Testzentrum buchen. Als Paddy von Speedhunters bei uns in Fichtenberg war, hatte er das Glück, das gerade RUF den Prüfstand für mehrere Tage gemietet hatte. Oft ist es aber auch so, dass in den heiligen Hallen unserer Entwicklungsabteilung diverse Top-Secret-Projekte verschiedener Automobilhersteller hinter verschlossenen Türen sind und dann ist es hier wie in Fort Knox – “Erlkönig-Jäger” haben keine Chance …

Unser Prüfstand ermöglicht eine Nutzung im 4-post- und im 7-post-Modus. Im 4-post-Modus wird die mittelbare Erregung (Fußpunkterregung) in die Radaufstandsflächen eingeleitet (weggesteuerte Rad-Aktuatoren). In dieser Analyse werden vorwiegend Frequenzanalysen durchgeführt. Mit den KW Analysetools werden die unterschiedlichen Einflüsse der Federraten und Dämpfung auf das Schwingverhalten des Fahrzeuges untersucht und optimiert.

Die erarbeiteten Grundsettings stellen die Ausgangsbasis für die folgenden Test- und Abstimmfahrten. Der Analysebericht unterstützt die weitergehende subjektive Beurteilung und hilft die Aussagen der Fahrer zu bewerten. Neben den synthetischen Frequenzanalysen können Straßenprofile wiedergegeben werden. Diese ermöglichen weitere Aussagen über nachfolgende Beurteilungen im Fahrversuch.

Neben den Basisabstimmungen der Federn und Dämpfersysteme können weitere Systeme mit Einfluss auf die Vertikaldynamik untersucht werden. Ein wichtiges Subsystem stellen die Reifen eines Fahrzeuges dar. Es können verschiedene Reifendrücke sowie verschiedene Reifenkonstruktionen mit unterschiedlichen Reifensteifigkeiten untersucht werden. Zudem lassen sich Settings für trockene und nasse Straßenbedingungen erstellen.  Auch Aggregatelagerungen (Motor/Getriebe) mit elektronisch einstellbaren Systemen können in kurzer Zeit in verschiedenen Einstellungen untersucht und bewertet werden. Der Prüfstand gewährleistet ein hohes Maß an Reproduzierbarkeit und bietet die Möglichkeit vorangegangen Mehrkörpersimulationen zu validieren.

Im 7-Stempel-Modus wird eine unmittelbare Erregung (Massenkrafterregung) dargestellt. Diese wird über drei zusätzliche Stempel direkt am Fahrzeugaufbau eingeleitet (kraftgesteuerte Aero-Aktuatoren). In diesem Betrieb sind komplexe Streckensimulationen möglich. Dieser Modus bedingt ein entsprechendes Fahrzeugkonzept (z.B. Formel-Fahrzeuge). Natürlich machen wir anschließend noch Fahrversuche auf verschiedenen Strecken wie Rennstrecken, Landstraßen, Autobahnen und der Nürburgring Nordschleife. Aber wieder zurück zum RUF CTR.

Natürlich hat der RUF das Herz eines Boxers. Der 3,6-Liter-Boxermotor wird von zwei Turboladern aufgeladen und die maximale Leistung liegt bei 710 PS (522 kW bei 6750 Touren pro Minute). Im Drehzahlbereich von 2750 – 4000/min liegt das maximale Drehmoment bei 880 Nm.

Und “verwaltet” wird die Leistungsexplosion über ein Sechsgangschaltgetriebe – was heutzutage beinahe schon wieder exotisch ist. Natürlich hat der RUF einen reinrassigen Heckantrieb und die Endgeschwindigkeit liegt bei 360 km/h.

Als Paddy zu Besuch war, war der RUF CTR noch eher ein “Rohbau” mit unlackierten Schürzen, fehlendem Interieur und wir rechneten jeder Zeit damit, dass Paddy und wir von unseren Kollegen von der Fahrwerkentwicklungsabteilung vor die Tür gebeten werden, damit sie in Ruhe weiter arbeiten können.

Aber dem war nicht so. Hans Kerler von RUF nahm sich sogar die Zeit, Paddy und mir den CTR ausführlich zu zeigen und verriet uns dabei die eine oder andere Anekdote aus der mehrjährigen Entwicklungszeit.

Jetzt noch mit dem CTR eine Runde zu fahren, wäre für Paddy und mich eigentlich das höchste der Gefühle gewesen; aber dafür lernten wir jeden Winkel und fast jede Schraube kennen …

Fotos Paddy McGrath, Speedhunters

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