Für alle die sich gefragt haben, warum ein KW Fahrwerk so gut fährt wie es fährt: Die Fahrwerkentwicklung auf dem Vertikaldynamik-Prüfstand

Selbst bei der Fahrwerkentwicklung unserer KW Klassik Anwendungen gehen wir mit den Entwicklungsfahrzeugen auf unseren Prüfstand, bevor der Fahrversuch startet

Um dem hohen Anspruch unserer Fahrwerkkunden gerecht zu werden, nutzen wir seit knapp 20 Jahren einen Vertikaldynamik-Prüfstand beziehungsweise unseren KW 7-Post Fahrdynamikprüfstand zur Fahrwerkentwicklung. Egal, ob wir ein fahrzeugspezifisches Gewindefahrwerk wie etwa ein KW V3 Leveling aus unserer Street-Comfort-Kategorie, ein KW DDC plug & Play Gewindefahrwerk aus unserem Street-Performance-Programm oder ein KW V3 Clubsport Gewindefahrwerk aus unserer Track-Performance-Produktreihe oder für einen LMDh-Prototypensportwagen KW Racing Dämpfer entwickeln.

Auch bei unseren sogenannten Special-OE Gewindefahrwerken, die in immer mehr Sondermodellen und performanten Sportwagen ab Werk eingebaut sind, entwickeln wir auf unserem Vertikaldynamik-Prüfstand. Dieser Prüfstand ist übrigens auch unter den Begriffen „KW Fahrdynamikprüfstand“ beziehungsweise „KW 7-Post“ bei unseren Fachhändlern bekannt.

KW Fahrwerkentwicklung auf dem Vertikaldynamik-Prüfstand

Das macht uns von der KW automotive Gruppe zu etwas Besonderen, denn kein anderer Fahrwerkhersteller der ausschließlich auf Gewindefahrwerke setzt, hat so eine Anlage und sich dabei so ein Know-how erarbeitet. Alle, die mit unseren Gewindefahrwerken fahren, spüren dies bei jedem Kilometer.

Bevor wir unser „digitales Popometer“ ein wenig näher vorstellen, wollen wir kurz euer Wissen über Fahrwerke auffrischen. Ein Fahrwerk ist und bleibt eines der wichtigsten Bestandteile eines Fahrzeugs und umfasst alle Komponenten, die ein Auto mit der Straße verbinden. Hierzu gehören die Räder, Reifen, Federung, Dämpfung, Stabilisatoren, Achsausführung und auch Lenkung.

Klingt komisch, ist aber so, wer Rallye fahren möchte, braucht ein Rallye-Fahrwerk – unsere Kollegen von Reiger Suspension rüsten beispielweise in der WRC alle Toyota GR Yaris Rally1 Hybrid mit Fahrwerken aus

Oftmals wird suggeriert, dass es Fahrwerke gibt, die wirklich alles können. Ehrlicherweise ist dies leider nicht der Fall. Ein Fahrwerk ist im Grunde ein Kompromiss. Eine Entwicklung für verschiedene Märkte, Einsatzfelder und Segmente. Damit dieser Kompromiss so klein wie möglich ist, betreiben Erstausrüster, Zubehörhersteller, Motorsportteams und Automobilhersteller einen immensen Aufwand.

So wie Rennwagen und Serienautos sich unterscheiden, sind auch deren Stoßdämpfer grundsätzlich verschieden. Zwar erfüllen sie die gleichen Aufgaben wie Dämpfung von Stößen und die daraus entstehenden Schwingungen, sie stützen den Karosserieaufbau ab und sind letztendlich als radführendes Element für die Fahrzeugstabilität sowie die Kontrolle der Räder verantwortlich. Wie sie dies tun und wie sie dafür aufgebaut sind, unterscheidet sich allerdings grundlegend.

Um diese Charakteristika weiter zu schärfen und präzise zugeschnittene Fahrwerklösungen für die unterschiedlichsten Ansprüche liefern zu können, nutzen wir einen 7-Post-Vertikaldynamikprüfstand. Auf unserem KW Fahrdynamikprüfstand analysieren wir direkt am Fahrzeug das komplexe Zusammenspiel der Elastokinematik, Dämpferkräfte, Federrate, Reifenkarkassen und Fahrzeugaufbau.

Wozu? Um mit möglichst wenig Zeitaufwand hochpräzise und bei jedem Wetter die ideale Feder-Dämpfer-Auslegung für das jeweilige Einsatzfeld, Fahrzeug, Fahrer und Reifen zu ermitteln. Dies hilft uns ungemein vor den ersten Fahrversuchen am jeweilig anvisierten Fahrverhalten zu sein und Iterationsschleifen für die Testfahrten abzukürzen. Denn jemand, der ein KW V3 Leveling Fahrwerk fahren möchte, hat kein Interesse an einem Fahrverhalten wie etwa mit einem KW V3 Clubsport Gewindefahrwerk.

Selbstverständlich kann unser Prüfstand nicht abschließende Testfahrten auf der Straße oder Rennstrecke ersetzen, allerdings kommen die indoor herausgefahrenen Ergebnisse bereits sehr nahe an das reale Optimum heran – die Aufgabe, die Entwicklungszeit drastisch zu verkürzen, wird so mehr als erfüllt.

BMW M4 GT3 Rennwagen mit KW V6 Racing Dämpfer

Das Ziel einer Fahrwerksoptimierung – in sportlicher Richtung – ist es, die Radlastschwankungen zu minimieren, um so den Kraftschluss zwischen Fahrbahn und Reifen zu verbessern. So können neben besserer Traktion beim Beschleunigen und Bremsen auch höhere Seitenkräfte in Kurven aufgebaut werden. Und je mehr Seitenkräfte von Fahrwerk und Reifen aufgebaut werden, umso schnellere Kurvengeschwindigkeiten können gefahren werden – die Rundenzeiten werden besser, das Auto wird im Rennen schneller.

KW V3 Clubsport Gewindefahrwerk in Toyota GR Supra

Einfach ausgedrückt ist die Aufgabe von Dämpfern und Federn alle Parameter in der perfekten Balance zu halten. Sozusagen suchen Fahrdynamikingenieure den bestmöglichen Kompromiss, um Schwingungen zu dämpfen, ohne dabei einen Gripverlust der Reifen oder einen Verlust der Aufbaukontrolle durch zu starkes Nicken und Wanken der Karosserie zu riskieren.

Mathematik und Physik – der Schlüssel für Fahrdynamik und Fahrkomfort

Zur Datengewinnung ist der jeweilige Rennwagen oder das Entwicklungsfahrzeug für unsere Gewindefahrwerke mit verschiedenen Sensoren wie etwa Beschleunigungssensoren, Federweglinear-Potentiometer verkabelt und zusätzlich auf dem Prüfstand fixiert.

Der Prüfstand selbst besteht aus einem hochfesten Sockel, auf dem – jeweils unter den vier Radpositionen – hochdynamisch ansteuerbare Hydraulikzylinder stehend montiert sind. Neben integrierten Wegsensoren verfügen diese vier großen Stempel, auf denen die Räder stehen, auch über die Funktion einer Radlastwaage.

Die vier großen Stempel regen die Vertikalbeschleunigung der Räder an, während die drei kleineren Säulen (vorne in der Mitte) eine dynamische Aerolast generien

Drei zusätzliche Zylinder, die direkt an der Karosserie fixiert werden, können weitere auf das Fahrzeug wirkende Kräfte simulieren. Im Testbetrieb wird jeder einzelne Stempel hydraulisch bewegt, dabei entsteht in den Leitungen und Schläuchen ein Druck von bis zu 230 bar. Durch die vertikale Bewegung der Stempel wird die gesamte Karosserie in Schwingung versetzt. Dabei analysieren die KW Ingenieure unter anderem Resonanzfrequenzen, bei der die die Amplitude des erzwungenen angeregten Körpers maximal wird.

Bei dieser sogenannten Hub-Sinusschwingung durchläuft der Wagen ein Frequenzband von 0 Hertz bis 20 Hertz mit konstanter Geschwindigkeit im Phasennulldurchgang. Wird die Eigenschwingung nicht gedämpft, ist das gesamte System nicht mehr zu kontrollieren. Das klingt ein wenig abstrakt – und ist es auch. Versuchen wir es ein wenig einfacher. Die Fahrwerkingenieure sehen in diesen Anregungen und Datenfrequenzbändern, wie sich selbst kleine Querfugen oder durch Witterungseinflüsse entstandene wellige Asphaltoberflächen auf das Fahrzeug auswirken.

So lässt sich beispielsweise erkennen, was passiert, wenn beispielsweise mit einem Straßenauto über eine Bodenwelle gefahren wird. Die Ingenieure sehen auch, wie schnell dieser Kraftimpuls über die Federn und Dämpfer ausgeglichen und abbauen lässt. Nur bei optimaler Dämpfung kann das Fahrzeug auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten spurtreu und sicher die Ideallinie halten.

Die einzelne Messung der Frequenzbänder und Resonanzen dauert dabei nur 64 Sekunden. Das genügt unseren erfahrenen KW-Fahrdynamik-Ingenieuren bereits, um aus den ermittelten Daten auch kleinste Fahrwerksschwächen aufzudecken. Immer im Blick dabei die Keyfacts wie Aufbauresonanz-Frequenzen, Dämpfungsgrad, Nickverhalten, Aufbaubewegung, dynamisches Fahrzeugniveau und Radlastschwankungen.

Auch im Aston Martin Vantage AMR GT3 Evo sind KW Motorsportdämpfer weltweit im Einsatz

Neben den Messungen mit konstanten Geschwindigkeiten von 75 mm/s, 150 mm/s, 200 mm /s oder 250 mm/s (Anregungsgeschwindigkeit der Stempel im Phasennulldurchgang) können auf dem Prüfstand mittels eines „Track-Replay“ sogar verschiedene Rennstrecken oder Sektoren abgebildet werden. So können auf dem Prüfstand sogar Beanspruchungen, wie sie etwa bei einer Grenzbereichsfahrt durch die berühmte Fuchsröhre der Nürburgring Nordschleife entstehen, simuliert werden.

Hier ein schon etwas älteres Video vom Manthey-Grello im 7-Post-Modus

Hierzu muss die Anlage jedoch im sogenannten „7-Post-Modus“ betrieben werden. Dabei wird die Karosserie an zwei weiteren Aufnahmepunkten im hinteren Fahrzeugdrittel sowie an der Front mit dem Vertikaldynamik-Prüfstand verbunden. Mit diesen zusätzlichen Krafteinleitungspunkten kann dann die gesamte Aerodynamik mit Auftrieb oder Anpressdrücken wie auch Wankmomenten um die Längsachse und Nicken um die Querachse simuliert werden.

Alle Porsche 911 GT3 R (992) sind mit unseren KW V6 Racing Dämpfern homologiert (7-post modus)

Während ein aktueller GT4-Rennwagen oder ein Straßenauto wie beispielsweise ein Sportwagen wie ein „Audi RS 4 Avant Edition 25 Years“ über keine hohe Aero-Last wie ein GT3-Rennwagen wie ein Porsche 911 GT3 R oder ein LMDh-Rennwagen wie der Lamborghini SC 63 verfügt, ist der Prüfstand zur Stoßdämpfer- und Fahrwerkentwicklung im vertikalen „4-Post-Modus“ ohne Simulation einer Aero-Map im Einsatz.

Porsche 911 3.3 Turbo (930) zur KW-V3-Klassik-Fahrwerkentwicklung auf dem Fahrdynamikprüfstand im 4-Post-Mode

Wir stimmen beispielsweise sogar für unsere KW Klassik Fahrwerkanwendungen die verschiedenen Oldtimer und Youngtimer mit unserem KW Klassik V3 Gewindefahrwerk auf unserem Prüfstand ab – selbst bei reinen Straßenautos.

Übrigens, bevor unsere neuen Fahrwerke überhaupt vom „Prototypen-Status“ überhaupt in die Versuchsfahrzeuge für den Fahrdynamikprüfstand zur finalen Vorabstimmung des jeweiligen Grundsetups zugelassen werden, gibt es noch diverse andere Versuche. Dazu haben wir einen Dämpferprüfstand für Dauerläufe. Bei diesem können wir mit einem Hub von bis zu 7,5 Meter pro Sekunde die Dämpfer anregen und dabei eine Kraft von bis zu 160 Kilonewton generieren.

Sprich, wir simulieren bereits in der Entwicklung den mehreren Meter langen Flug eines WRC-Boliden samt Landung oder wie unsere Reiger Suspension Offroad-Dämpfer in einem RallyRaid Truck das sprichwörtliche Überfahren eines Felsbrockens verkraften.

Jeder Dämpfer den wir für unsere Marken KW suspensions und ST suspensions fertigen, geht nach der Dämpfermontage auf einen speziellen Dämpferprüfstand

Was uns von KW auch noch auszeichnet, ist, dass wir jeden Dämpfer der in unserem KW Headquarter in Fichtenberg gefertigt wird ebenfalls über einen Dämpferprüfstand testen. Sozusagen haben wir bei unseren Gewindefahrwerken von KW suspensions und ST suspensions immer 100 Prozent Qualitätssicherung.

Auch alle GT4-Rennwagen auf Basis des Toyota GR Supra sind mit KW Racing Dämpfern im Einsatz

Da wir unseren Prüfstand immer zur Fahrwerkentwicklung nutzten, muss niemand mit seinem KW Gewindefahrwerk wie etwa einem KW V2 Street Comfort, KW V3 oder KW V5 Clubsport und seinem Auto einen Termin dazu buchen. Wer dagegen seinen Rennwagen für die Saison vorbereiten möchte, kann gerne für eine strecken- und fahrzeugspezifische Abstimmung unseren Fahrdynamikprüfstand buchen. Mehr dazu direkt bei unseren Kollegen von der Motorsportabteilung.

Fotos KW, Archiv, Text C. Schmidt

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