Bei diesen Bildern bekommen nicht nur wir immer eine Gänsehaut, sondern auch viele Weggefährten, Freunde und Bekannte aus dem KW Berg-Cup und der gesamten Motorsportwelt.
Mit diesem Blogpost wollen wir an jemand ganz Besonderen erinnern und zu unserem diesjährigen Saisonabschied etwas leise Servus sagen. #neverforget
Wie es der Name „Never-forget-Tribute-to-Georg-Plasa-KW-Team” schon verrät, möchten und werden wir an einen ganz besonderen Menschen denken, der weit mehr als nur ein Virtuose am Lenkrad, ein Perfektionist und ein Pionier für den Bergrennsport war.
Alle, die nie eine Gelegenheit hatten den Menschen, Mentor und Freund hinter dem legendären BMW 320 JUDD V8 kennenzulernen, können wir leider nicht so richtig erzählen, wer Georg Plasa war. Uns fehlen einfach die richtigen Worte dazu, denn Georg war eben Georg. Jemand, der weit mehr als ein passionierter Motorsportler war.
2019 sind schon wieder mehr als acht Jahre vergangen, seit der Unfalltod von Georg Plasa eine tiefe Wunde in die Herzen der Bergrennsportcommunity riss. Es gibt zwar die alte Weisheit, dass die Zeit alle Wunden heile; aber wenn wir ehrlich sind, verblassen eher nur die Erinnerungen, um plötzlich wie aus heiterem Himmel wieder da zu sein.
Ohne Georg, wie immer wieder alte Haudegen aus dem Bergrennsport uns bei persönlichen Benzingesprächen im Fahrerlager, per Social-Media-Kommentaren oder per E-Mail mitteilen, wäre der Bergrennsport nicht auf diesem hohen Niveau wie er heute ist.
Georg brachte in den Neunziger Jahren bis dato im Bergrennsport noch nicht genutzte technische Lösungen wie damals erst in der Formel 1 genutzter Hardware in den Bergrennsport und machte aus dem oftmals als Breitensport belächelten Motorsport, einen Sport, der heute technisch längst auf höchstem Niveau ist.
Viele “Bergrennsportler” lernten durch Georg Plasa was alles möglich ist. Dabei hatte der gebürtige Münchner immer ein offenes Ohr für den „Berg-Nachwuchs“ und auch für seine damaligen Kontrahenten, denen er immer die eine Autolänge oder Spoilerlippe beim Kampf gegen den Berg, die Uhr und dem eigenen Handicap voraus war. Denn im Fahrerlager waren sie alle eine große Familie, die die Liebe zu unserem Sport verband.
Unglaublich, aber seinen BMW 320 JUDD V8 hatte Georg bereits Ende 2009 aufs Altenteil geschickt, und dennoch mischte sein „alter 3er BMW“ bei den Starts des Never-forget-Tribute-to-Georg-Plasa-KW-Teams beim Goodwood Festival of Speed 2018, den FIA Hill Climb Masters 2018 im italienischen Gubbio, Glasbachrennen 2019 und Anfang Juli beim Goodwood Festival of Speed 2019 ganz oben mit. Ein Beweis, wie weit Georg damals als Entwickler- und Konstrukteur seiner Zeit voraus war.
Goodwood Festival of Speed 2018 – ein kurzer Blick in den Rückspiegel
2018 kam der alte 320 JUDD V8 zurück – und wie! Im Garten von Charles Gordon-Lennox, dem 11. Duke of Richmond, bot der alte BMW auf Basis eines alten E36 Coupé mit seinem hochdrehenden 560 PS starken 3,4-Liter-JUDD-V8-Triebwerk als krasser Außenseiter beim Goodwood Festival of Speed dem Who-is-Who der Motorsportindustrie 2018 und 2019 Paroli.
Wieso, weshalb und warum können alle von Euch hier auf dem Blog nachlesen – siehe hier oder schaut bitte die kleine Doku „The Way to Goodwood” an. In Kurzform: KW Gründer und Geschäftsführer Klaus Wohlfarth war ein Freund von Georg Plasa und setzte damals mit einer eingeschworenen Truppe von Georgs Weggefährten und Freunden alle Hebel in Bewegung, dass die Erinnerung an diesen Tausendsassa des Bergrennsports nicht verblasst. Denn Georg wollte schon immer mit seinem Bergrennsportkameraden Jörg Weidinger in England beweisen, was „a gescheites Bergrennauto is.“
Ohne einsatzfähiger Traktionskontrolle und Renn-ABS sorgte Georg Plasas Bergrennsportkollege und Freund Jörg Weidinger 2018 im 320 JUDD V8 mit 46.43 Sekunden damals für die drittschnellste Zeit im Gesamtklassement. Der BMW war tatsächlich der schnellste Rennwagen mit herkömmlichen Verbrenner und Heckantrieb – nur zwei „E-Fahrzeuge“, der Volkswagen I.D. R Pikes Peak (43.86 Sekunden) und der NIO EP9 (44.32 Sekunden), waren im Shootout-Finale schneller!
Der pure Wahnsinn. Niemand vom Team hatte mit so einer Zeit gerechnet, schließlich wollten wir damals in Goodwood einfach Georg Plasas unerfüllten Traum in England zu starten, in die Tat umsetzen.
Aufgrund dieses Auftritts erhielt das Team sogar von der FIA aus Paris eine offizielle Einladung zum Hillclimb Masters in Italien. Dazu konnten wir einfach nicht Nein sagen. Wer könnte das denn schon? Vor allem war dies die Gelegenheit den längst zur Ikone des Bergrennsports gewordenen BMW 320 JUDD V8 wieder vor italienischer Kulisse zu zeigen; schließlich war Georg auch in Italien einer der populärsten Sportler.
Bella Italia – die Einladung zum FIA Hillclimb Masters in Gubbio 2018
Auf dem „italienischen Stiefel“ ging es mit dem schnellen „Berg-Youngtimer“ steil vorwärts. Jörg fühlte sich sofort wohl auf der 3,3 Kilometer langen Strecke, die sich ausschließlich mit schnellen Kurven, kaum dazwischenliegenden Geraden, vier Haarnadelkurven und zig Vollgasbögen in den Himmel schraubt.
Dabei musste Jörg mit Georgs Rennwagen bei einer durchschnittlichen Steigung von 6,1 Prozent 221 Höhenmeter überwinden – das ideale Revier für den BMW 320 JUDD.
Mit einer Zeit von 1.31.93 Minuten verabschiedete sich der BMW aus dem zweiten Training als schnellster Tourenwagen des gesamten Feldes aus dem Übungstag – und das immer noch ohne Renn-ABS und Traktionskontrolle.
Zum Motorsport gehören auch immer Höhen und noch tiefere Tiefen und auch das Never-forget-Tribute-to-Georg-Plasa-KW-Team musste, das in Italien erleben. Ein technischer Defekt machte unserem ambitionierten Gipfelsturm fürs Erste einen Strich durch die Rechnung. Aber so ist das eben, wenn man sich nicht 365 Tage voll um einen Rennwagen widmen kann, der ein absolutes Einzelstück ist. Nicht zu vergessen, um den BMW kümmern sich nur eine Handvoll von KW-Mitarbeitern und ehemalige Teamkollegen von Georg Plasa in ihrer Freizeit.
Wir sagen zum Abschied leise Servus – fürs Erste …
Im Frühjahr 2019 leckten wir ein wenig unsere Wunden aus Italien und standen vor der Herausforderung, dass seitdem wir mit dem BMW in England und Italien fuhren, viele Rennveranstalter ein großes Interesse an einem Gast- oder Showstart hatten.
Irgendwelchen Burnouts oder Auftritten in irgendeinem Rahmenprogramm erteilte das Team sofort eine Absage; schließlich war ja Georg Plasa auch nie für die Show zu haben, sondern „Schorsch“ ging es ausschließlich um den Sport!
„Nach Jörg Weidingers Husarenritt beim Goodwood Festival of Speed im Sommer 2018, erhielten wir zahllose Anfragen von deutschen Veranstaltern, um mit Georgs BMW vor heimischem Publikum zu starten“, erklärt Teameigner und KW automotive Geschäftsführer Klaus Wohlfarth. „Ganz im Sinne unseres Freundes Georg Plasa stellen wir uns immer dem harten Wettbewerb.”
Intern stimmten sich die Verantwortlichen des Teams ab, dass sie nicht mit dem BMW E36 JUDD V8 an Rennen oder auf Strecken fahren werden, an denen damals Georg Plasa mit seinem BMW fuhr. „Wir möchten einfach verhindern, dass irgendwelche Vergleiche zwischen Georgs damaligen Zeiten und mit den Zeiten von Jörg gezogen werden können. Der Start in Thüringen beim Glasbachrennen war eine sportliche Hommage für die Fans von Georg, um einfach an diese einmalige Persönlichkeit zu erinnern.
Unbeschreiblich waren dabei die Reaktionen an der Strecke und im Fahrerlager. Zahlreiche Fans und Freunde von Georg reisten an den „thüringischen Pikes Peak“, um endlich wieder auf einer Veranstaltung in Deutschland den legendären BMW 320 JUDD V8 zu hören und vor allem zu sehen!
„Am Glasbachsonntag hatte auch ich dann neben den vielen anderen Momenten meine spezielle Erinnerung an Georg. Im Regen vermisste ich den Scheibenwischer schon sehr, muss ich zugeben. Es war ein ziemlicher Blindflug in den beiden Rennläufen, und ich musste wie so oft an den lieben Georg denken, der in seiner hundertprozentigen Konsequenz zum Thema Gewicht und Aerodynamik damals den kompletten Scheibenwischer eingespart hatte“, so Jörg Weidinger im Nachhinein.
Ohne guter Sicht schaffte es Jörg den BMW 320 JUDD V8 dann im ersten Rennlauf in 2:49.059 min ins Ziel zu fahren, beim zweiten Lauf goss es dann erst so richtig aus den Kübeln und wir waren über eine Zeit von 3:03.911 min glücklich. In unserer Klasse schaffte es Jörg sogar auf den zweiten Platz und den 19. Rang in der Gruppe E1-FIA/E1-BERG/H/FS/CTC/CGT/E1 mit insgesamt 61 im Ziel angekommenen Startern.
Zurück in Großbritannien – der Duke bat um einen erneuten Einsatz
Im Frühjahr 2019 bat der 11. Duke of Richmond Charles Gordon-Lennox, Veranstalter des Goodwood Festival of Speed, dass es doch eine feine Sache wäre, diesen BMW mit seinem britischen Herzen wieder in England erleben zu können.
Warum denn nicht, dachte sich Teameigner Klaus Wohlfarth, obwohl es in ihm ziemlich nagte, dass er aus Geschäftsgründen diesmal nicht das Team begleiten konnte.
Da Georg Plasas alter Rennmechaniker Andreas Weber ebenfalls verhindert war, konnten Jörg Weidinger, Oliver Scherbaum und Martin Burmeister tatsächlich Christian Wasenauer überzeugen, mit nach England zu kommen und dort als Head of Mechanic zu fungieren. Christian war ebenfalls jahrelang als Georgs Rennmechaniker am Berg und kennt den BMW 320 JUDD V8 aus dem „Effeff“ und verstärkte die Truppe schon in Thüringen beim Glasbachrennen …
Für den Start in Großbritannien haben wir auch die Software des Renn-ABS upgedatet. „Mit dem neuen Update sind wir jetzt mehrere Generationen weiter als damals“, so Dateningenieur Martin Burmeister, der ebenfalls in Georgs altem Team als Dateningenieur mitwirkte und ebenfalls ein fester Bestandteil des Never-forget-Tribute-to-Georg-Plasa-KW-Team ist.
„In Goodwood konnten wir uns voll und ganz aufs Fahren konzentrieren“, so Jörg Weidinger. „In den Trainingsläufen konnten wir uns ganz im Geiste von Georg mit den vielen Möglichkeiten, die das legendäre Auto bietet, an der Performance zu arbeiten. Denke, das hat ihm gefallen, als er uns von oben zusah, wie wir über den Daten brüteten, Dämpfer, Flügel und sonst was justierten, Softwaredaten änderten und Reifendrücke ausknobelten! Unter anderem schafften wir es, auch endlich wieder eine taugliche Traktionskontrolle für den Start zu haben.“
Die ersten Läufe standen an und eindrucksvoll „echote“ wieder der unvergessliche JUDD-Sound über das Gelände. Und gleich beim ersten „Free Practice“ reihte sich Jörg vorne mit ein.
Während der elektrifizierte Volkswagen I.D. R. mit Romain Dumas am Steuer schon richtig Strom gab, machten wir hinter Petter Solberg im Volkswagen Polo WRX eine sehr gute Figur.
Es ist schon ein unbeschreibliches Gefühl sich mit einem so alten und von einem kleinen Team aufbereiteten BMW E36 mit den Großen aus der internationalen Motorsportwelt messen zu dürfen.
Und es waren ja nicht nur Nick Heidfeld, Romain Dumas, Petter Solberg in Goodwood. Sogar Sir Jackie Stewart, Emerson Fittipaldi, Damon Hill, Mika Hakkinen, Sebastien Ogier, Jochen Mass, Ellen Lohr, Dieter Quester und viele mehr waren am Start.
Schön ist es einfach, wenn selbst Prinz Leopold von Bayern einfach auf ein Servus zu uns in den Paddock kam und sich über alte Zeiten unterhielt.
Von Tag zu Tag wurden unsere Zeiten immer kürzer. Der BMW lief einfach rund! Unsere kürzeste Trainingszeit von 46.13 Sekunden lag sogar um Dreizehntel unter unserer Bestzeit vom Vorjahr – und das Beste wir waren wieder im Finale!
Die Traktionskontrolle half beim Start mit, den aggressiven Judd-Motor einzuschränken und die Starts reproduzierbarer zu machen, aber u.a. gegen den Rallyecross-Polo von Petter Solberg war in diesem Punkt trotzdem kein Stich zu machen.
Dies zeigte die 100-Meter-Zeit, in der der moderne VW Polo WRX bereits einen Vorsprung von teilweise 1.5 Sekunden hatte. „Der BMW stand noch an der Startlinie, der Polo war schon außer Sichtweite. Aber das war auch immer der Punkt, der dem lieben Georg das größte Kopfzerbrechen bereitete, das wissen wir alle noch“, erinnert sich Jörg Weidinger.
Für den Sonntag war dann leider Regen angesagt, der in der Nacht auch kam und unsere Chancen aus den bekannten Gründen massiv schwinden ließ. Als der Shootout am Sonntagnachmittag gestartet wurde, war zwar ein Teil der Strecke abgetrocknet, aber ein Start auf Slicks wäre ein Ritt auf der Rasierklinge geworden.
„Wir schraubten unseren Wettbewerbsgeist zurück und entschieden uns für eine solide Leistung ohne Risiko für das schöne Auto. Zumal ein Unfall in diesem speziellen Fall ja nicht nur teuer wäre, sondern auch Geschichte zerstören würde“, so Jörg vor unserem Start im Finale.
Mit Regenreifen gingen wir dann auf die teilweise leicht verschmutze Strecke und konnten trotz der vereinzelten Pfützen mit einer Zeit von 50.65 Sekunden wacker schlagen. Mit stolzer Brust wurden wir mit unserem Youngtimer Sechster im Gesamtklassement nach dem elektrifizierten Volkswagen I.D. R (42.32 Sekunden), den allradangetriebenen moderneren Volkswagen Polo WRX (47.83 Sekunden) und Citroen DS3 WRX (49.39 Sekunden) die alle in einer völlig anderen technischen Liga fahren.
Und uns trennten am Ende dann nur Sekundenbruchteile zu hochkarätigen Prototypen- und Indy500-Rennwagen wie einem Dallara SP1 LMP mit JUDD-V10-Triebwerk, ein in der LMP-Weltmeisterschaft von 2000 bis 2005 eingesetzter Rennwagen oder dem Indianapolis 500 Penske-Chevrolet PC-22 (50.31 Sekunden) – nicht schlecht für einen schon in die Jahre gekommenen BMW …
An dieser Stelle möchten wir auch ein großes Dankeschön an alle Partner des Never-forget-Tribute-to-Georg-Plasa-KW-Teams richten: Avon Tyres Motorsport, BBS Motorsport, Drexler Automotive, Peter Floßmann von Floßmann Auto Design, Recaro, JUDD Power – EDL – Engine Developments Ltd. UK, Julian Godfrey Engineering Ltd. UK, Motorsportclub am Tegernsee e.V.
John Mitchell von JMR Ltd. Engineering, David Mongs BMW / Rolls Royce, Richard Good KW automotive UK, Steve Baggsy Biagioni, Klaus und Jürgen Wohlfarth CEO KW automotive GmbH, Fahrer Jörg Weidinger, Teammanager Oliver Scherbaum, Dateningenieur Martin Burmeister, Chefmechaniker Christian Wasenauer, Mechaniker Matthias Ovelhey, Mechaniker Felix Hälsig und allen Helfern sowie den ganzen Fans richten. Dankeschön! #neverforget!
Fotos Chris Wallbank, Frozenspeed, Hillclimbfans, KW, privat